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Seenotfall in Portugal

Letzter Stand unserer Veröffentlichungen: 21.08.2014

Am 10.04. 2013 verunglückte unsere Ausbildungsyacht schwer vor der portugiesischen Küste.

 

Während der Rettungsaktion kamen auf einem Polizeiboot ein portugiesischer Polizist und eines unserer Crew Mitglieder ums Leben.

 

Im Folgenden können Sie unsere bisherigen Veröffentlichungen zu dem Thema nachvollziehen. Die Dokumentation ist chronologisch aufgebaut und beginnt ganz unten im Text mit unserer ersten Presseerklärung vom 13.04. 2013.

Unsere interne Rekonstruktion des Unfalls ist seit Juni 2013 abgeschlossen.
Wir würden sie gerne - insbesondere in Bezug auf die Lehren, die wir ziehen - veröffentlichen.
Leider macht uns unser Haftpflichtversicherer da einen Strich durch die Rechnung.

Er hat uns auferlegt, nichts zu dem Thema zu veröffentlichen, da ansonsten eine Regulierung eventueller Schadensersatzansprüche in Frage gestellt würde. Dies gilt bis auf Weiteres.

 

Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) hat  mittlerweile ihren Unteruchungsbericht veröffentlicht, den Sie
>> hier
herunterladen können.

Der "Segelreporter" berichtet über den BSU Bericht >>hier

 

Die Anfrage eines "potentiellen Kunden" zu dem Bericht der BSU war für uns noch mal Anlass, einen Gesamtblick auf den Unfall zu werfen, der uns die letzten eineinhalb Jahre in Atem gehalten hat.

Wir geben den Mailverkehr  weiter unten wieder.

Die Vorermittlungen der Wasserschutzpolizei sind schon im Juni 2013 mit der Empfehlung an die Staatsanwaltschaft übergeben worden, kein Verfahren gegen den Skipper zu eröffnen.

 

Leider lässt die Entscheidung der Staatsanwaltschaft auf sich warten.

Am 07.10. 2013 wurde uns der Untersuchungsbericht der portugiesischen Stelle für Seeunfalluntersuchung zugesandt. Inzwischen ist der Bericht in Portugal veröffentlicht worden.

>>Sie können ihn hier herunterladen

Die Todesfälle auf dem portugiesischen Polizeiboot sind dort nicht Untersuchungsgegenstand.


Die Sicherheitsempfehlungen beziehen sich v.A. auf das portugiesische elektronische Hafen/ Ein/Ausreise Management um Skipper*innen zukünftig besser auf Gefahren aufmerksam zu machen.



Ein bemerkenswerter Mailverkehr Ende August 2014

Mail des "potentiellen Kunden":

Sehr geehrtes Well-Sailing Team,

 

der tragische Unfall Ihrer Ausbildungsyacht Meri Tuuli ist durch die Fachmedien gegangen. Nachdem nun auch der Bericht der BSU vorliegt ziehe ich für mich den Schluss, dass letztlich eine falsche und fahrlässige Entscheidung des Skippers für den Unfall verantwortlich war. Bei guter Seemannschaft und entsprechender Vorsicht wäre es nicht zu dem tragischen Ereignis und den Verlust von Menschenleben gekommen.

Entsprechend Ihrem Motto “Das gute Gefühl, sicher zu segeln. Fit für den Wassersport! ”, ersuche ich sie mir, als potentiellen Kunden, mitzuteilen ob dieser Schiffsführer weiter von Ihnen als Skipper eingesetzt wird und wenn ja auf welchen Törns.

Mit freundlichen Grüßen

.......

 

Antwort von Richard Jeske:

 

 

Guten Tag Herr ....

danke für Ihre offenen Worte!

Die Schlussfolgerungen, die Sie für sich aus dem BSU Bericht ziehen, kann ich allerdings nicht teilen.

Insbesondere kann ich nicht nachvollziehen, wie Sie aus dem Bericht "Fahrlässigkeit" auf Seiten des Skippers herauslesen. 

Wir haben den Unfall selber sorgfältig untersucht und kommen zu sehr viel differenzierteren Ergebnissen.

Unsere eigene Untersuchung dürfen wir aus versicherungstechnischen Gründen leider nicht veröffentlichen.

Die Stellungnahme, die Sie beim "Segelreporter" lesen können, kommt unseren eigenen Schlussfolgerungen in einigen Punkten schon recht nahe.

segelreporter.com/panorama/meri-tuuli-ungluck-rettungswesten-und-behorden-stehen-im-fokus/

Während der eigenen Aufarbeitung haben wir schmerzhaft erfahren müssen, dass hinter schnellen und einfachen Urteilen häufig die verborgene Hoffnung steckt, sich vor den Folgen der Naturgewalten durch "richtiges" Verhalten und "gute Seemannschaft" schützen zu können.

Tatsächlich können wir aber wohl allenfalls eine Verbesserung von Chancen erreichen, und eine einzige Welle kann unser Leben grundlegend verändern.

 

 

Der Skipper hat nach Abwägung der Umstände eine Entscheidung getroffen, die verheerende Folgen hatte - einer von den Fällen, wie sie uns und anderen (Profi-) Skipper*innen jederzeit auch passieren könnte.

 

Weil wir Menschen sind, die in der Natur und mit den Naturgewalten agieren - und auch Fehler machen können.

 

Ihre Frage, ob der Skipper bei uns weiter eingesetzt wird, möchte ich im Moment nicht beantworten.

 

Ich hätte dabei das Gefühl, der eigentlichen Sache nicht gerecht zu werden.

 

Sie können allerdings sicher sein, dass der konkrete Ablauf dieses Unfalls alleine niemals dazu führen würde, mich von einem Skipper zu trennen.

 

Da spielen viele andere Dinge noch eine Rolle. U.a. die Gesamtpersönlichkeit des Skippers, sein generelles Sicherheitsniveau, wie der Unfall verarbeitet wurde, welche Lehren daraus gezogen wurden u.v.m.

 

Ein sicherheits- und verantwortungsbewusster Skipper, der die richtigen Lehren aus so einem Unfall zieht, kann möglicherweise einen viel wertvolleren Job machen, als irgendein "Heiopei" (wie wir im Norden sagen), den bislang lediglich der Zufall von vergleichbaren oder noch schwereren Unfällen trennt.

 

Sie wissen vielleicht auch, wie "ungerecht" es im Leben in dieser Hinsicht manchmal zu zu gehen scheint.

 

Ohne Sie weiter zu kennen, wünsche ich Ihnen, dass Sie niemals in Situationen geraten, in deren Folge dann kluge Menschen an Land - auf der Suche nach einfachen Erklärungen - mal eben den Daumen Richtung "fahrlässig" senken.

 

Und dass Sie nicht an Heiopeis geraten, die lediglich deswegen noch nicht Gegenstand eines BSU Berichtes waren, weil sie einfach Glück gehabt haben.

 

freundliche Grüße Richard Jeske 21. August 2014

Der Stand am 22.07.2013

DIE MERI TUULI WIEDER IN DEUTSCHLAND
Wir haben die Meri Tuuli wieder nach Hause geholt und sind überwältigt, wie gut sie das große Unglück weggesteckt hat.
Sie liegt in der Halle, als ob sie sich geschüttelt hat und uns mitteilen will, dass sie weiterfahren möchte.
Und genau das überlegen wir zur Zeit.
DER STAND DER UNTERSUCHUNG UND DES VERFAHRENS
Der Untersuchungsbericht der Portugiesen liegt noch nicht vor. Wir erwarten ihn täglich.
Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung will entscheiden, ob sie auch untersucht, nachdem der portugiesische Bericht vorliegt.
Die Well-Sailing-Nordtörn Rekonstruktion ist soweit fertiggestellt,
dass sie veröffentlicht werden kann.
Dafür warten wir allerdings noch das Ergebnis des staatsanwaltlichen Verfahrens ab.Was das betrifft sind die polizeilichen Vorermittlungen abgeschlossen und die Staatsanwaltschaft muss jetzt entscheiden, ob sie ein Verfahren einleitet oder nicht.

Aktualisierung 06.05 2013:
Viel ist passiert.Eine Vertreterin der Segelschule ist für fast eine Woche in Portugal gewesen, hat intensiven Kontakt und Austausch mit dem Hafenkapitän gehabt, der die Rettungsaktion geleitet hat.
Sie hat die Meri Tuuli besucht, einige Sachen eingepackt und nach Deutschland geschickt und nicht zuletzt den letzten im Krankenhaus Verbliebenen nach Hause begleitet.
Am 30.04. gab es die bewegende Trauerfeier für unser verstorbenes Crew Mitglied in Hamburg.
Nach wie vor erreichen uns mitfühlende mails für die wir sehr dankbar sind.
Die internen Untersuchungen des Unfalls gehen auch langsam voran. Die grobe Gliederung des Untersuchungsberichtes steht und muss nun "nur " noch mit vielen Puzzleteilchen gefüllt werden, die sich nach und nach zusammenfügen.
Bis zum Abschluss dieses Berichtes bedarf es noch einiger Geduld.
Seenotfall Meri Tuuli
Aktualisierung 23.04.
Die Familie des verstorbenen portugiesischen Seenotretters ( Frau und zwei Kinder / 9 und 13) leben unter schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen.
Daher rufen wir zusammen mit der Lebensgefährtin unseres verstorbenen Crewmitglieds zu einer Spendensammlung auf:
Seenotfall Meri Tuuli
Aktualisierung 16.04.
 
Manchmal liegen Große Katastrophen und Große Geschenke ganz nah beieinander.
 
So war es gestern abend in der Segelschule in der Gaußstrasse in Hamburg.
Ca. fünfundvierzig Mitarbeiter und Freunde der Segelschule versammelten sich, um sich zu stützen, auszutauschen und helfen zu lassen, mit dieser Situation fertig zu werden.
Eine professionelle Kriseninterventionsfachfrau hat uns begleitet und sich quasi als rettender Engel betätigt.
Robert Eichler von der Yachtschule Eichler hat uns seine Solidarität und sein Mitgefühl überbracht und auch bei der direkten Bewältigung sehr geholfen.
Wir fanden das eine großartige Geste, die auch dokumentierte, dass diese schrecklichen Todesfälle wirklich alle in der Branche angehen, weil es auch allen täglich passieren kann.
 
In den letzten Tagen haben wir Hunderte von mails erhalten, die uns - völlig frei von Besserwisserei und Vorwürfen - Mitgefühl und Unterstützungsangebote überbracht haben.
 
Obwohl natürlich sehr berechtigt, war bis jetzt noch nicht einmal die Frage dabei, wie es zu alledem kommen konnte.
 
Die große Trauer und den wahnsinnigen Schmerz können uns diese Unterstützungen nicht nehmen.
 
Aber das Gefühl, getragen und "sozial gut versorgt" zu sein ist unbezahlbar.
 
Die große Katastrophe und die großen Geschenke - so nah sind sie beieinander.
 
Danke dafür!
 
Richard Jeske
Seenotfall Meri Tuuli an der Portugiesischen Küste - Presseerklärung
Aktualisierung vom 15.04. 2013, sowie vom 23.04. 2013
Die WELL SAILING und Norddtörn Geschäftsführung und alle Mitarbeiter trauern um ein Crew Mitglied ihres Schulbootes Meri Tuuli und einen portugiesischen Polizisten aus der Rettungsmannschaft.
 
Am Nachmittag des 10.04. geriet die Segelyacht Meri Tuuli (13,50 Meter lang, Typ X-442) bei vier bis fünf Windstärken aus Südwest während der Ansteuerung des Hafens Figueira da Foz in eine überraschend auftretende Welle und kenterte. Vier von fünf Crew-Mitglieder wurden dabei über Bord gespült. Alle Segler trugen Rettungswesten. Dem Skipper gelang es, an Bord zurückzukommen. Per Seenot-Rakete rief er Hilfe herbei. Ein portugiesisches Rettungboot sowie ein Polizeiboot liefen sofort aus. Gemeinsam organisierten der Skipper und die zur Hilfe geeilten Boote die Rettungsaktion der Crew.
Nachdem alle Crew-Mitglieder gerettet worden waren, bereitete der Skipper eine Schleppverbindung für die Meri Tuuli vor.
In dem Moment geriet eines der Boote in die besonders gefährliche strandnahe Brandungszone und kenterte dort. Das Herstellen der Schleppverbindung wurde sofort unterbrochen, um dem gekenterten Rettungsboot und der über Bord gegangenen Crew zur Hilfe zu eilen.
Diese Kenterung des Rettungsbootes haben ein portugiesischer Polizist und eines unserer Crew-Mitglieder nicht überlebt. Ein Crew-Mitglied ist verletzt und außer Lebensgefahr und wird zur Zeit noch in Portugal im Krankenhaus behandelt.
 
Unser verantwortlicher Skipper ist ein langjähriger, erfahrener, sicherheitsbewusster Mitarbeiter und Kollege. Er verfügt über deutlich mehr Qualifikationen als die für eine derartige gewerblich betriebene Yacht erforderlichen Führerscheine. Die Segelyacht ist selbstverständlich nach den Maßgaben der zuständigen BG Verkehr zugelassen und übervorschriftsmässig sicherheitstechnisch ausgerüstet für weltweite Fahrt.
Häfen an der portugiesischen Westküste gelten generell als schwierig anzulaufen. Dem Skipper war diese Situation bekannt, die herrschenden Bedingungen ließen aber nach Abwägung aller bekannten Umstände seiner Meinung nach ein Einlaufen zu. Die Yacht war auf dem Weg von Lissabon nach Porto, mit Figueira da Foz als Etappenhafen. In Porto sollte ein Crewwechsel stattfinden.
Der Unfall wird z.Zt. von den zuständigen Behörden untersucht und wir sichern ihnen selbstverständlich alle Unterstützung zu, die nötig ist, um zu einer abschließenden Beurteilung des Unglücks zu kommen.
Parallel dazu betreiben wir auch unsere eigene Untersuchung und werden die Öffentlichkeit zu gegebener Zeit über das Ergebnis informieren.
 
Den Angehörigen unseres Crew-Mitglieds sowie den Angehörigen und Kollegen des ertrunkenen Polizisten gilt unser volles Mitgefühl. Wir sind geschockt, fassungslos und voller Trauer.
 
Für die Nordtörn - Well-Sailing GbR
Richard Jeske Thomas Dühren.
 
English Version:
 
Distress of SY Meri Tuuli
The Management of WELL SAILING and Nordtoern, as well as all Staff Members, mourn the death of one crew member of their schooling vessel Meri Tuuli and a Portuguese Police Officer from the Figueira da Foz Inshore Rescue Team.
During the afternoon of the 10April 2013, in a South-Westerly wind of four to five Beaufort, and whilst on the approach to the Portuguese harbour of Figueira da Foz, the sailing yacht Meri Tuuli (an X-442, 13.5m long vessel) was capsized by a sudden and unexpected, very high wave. Four out of five crew members were washed overboard. All sailors were wearing life vests.
The skipper managed to get back on board and launched a distress flare. Two Portuguese rescue vessels left harbour immediately. Together with the skipper, they coordinated the rescue of the crew members.
After all crew members were retrieved, the skipper prepared a towing line for Meri Tuuli. At that moment one of the rescue boats found itself in a dangerous area of breaking waves near the beach and sadly, capsized there. The preparation for towing was abandoned immediately in order to come to the aid of the two people in the water and the rescue vessel.
The capsizing of the rescue vessel left one of our crew members and a Portuguese Police Officer dead. One Crew member is injured but their injuries are not life threatening and they are still being treated in a Portuguese hospital.
The Meri Tuuli’s skipper is a longstanding, experienced and safety conscious employee and colleague. His qualifications are considerably higher than that required for such a commercially operated yacht. The sailing yacht is, of course, licensed for worldwide travel by the German “BG Verkehr”, and her standard for safety equipment is well above that required.
Harbours on the Portuguese West coast are considered difficult to approach. The skipper was well aware of this situation. After careful consideration of all known circumstances, in his opinion the prevailing conditions allowed for an approach to the harbour. The yacht was on her way from Lisbon to Porto, with Figueira da Foz as a stopover. In Porto, there was a crew change scheduled.
The accident is being investigated by the authorities in charge, and we naturally assure them of our fullest cooperation during the investigation into the circumstances behind this terrible tragedy.
In parallel, we will be carrying out our own investigation and will inform the public in due course about our findings.
Our deepest sympathies go to the relatives of our crew member, as well as the relatives and colleagues of the dead Police Officer. We are shocked, stunned and full of mourning.
 
For the Nordtoern-Well-Sailing GbR
Richard Jeske & Thomas Dühren